Diskussionspapier für Lehrerinnen und Lehrer PISA und die Lesekompetenz Nun ist es heraus! Der blaue Brief ist da. PISA hat Noten verteilt. – Katastrophal! Jetzt gilt es, die gängigen Politiker-Rituale zu bemühen:
Zu:
Unisono heißt es bei den Kultusministern: Sie gäben genug Geld für die Bildung aus, und auch mit mehr Geld sei das Problem nicht zu lösen. - Ja, wie denn dann? Über soviel Bescheidenheit werden sich die Ministerkollegen im Finanzressort freuen. Der einzig "richtige Weg" für die Kultusminister wäre der Rücktritt; denn, wenn nicht sie, wer sonst sollte für diese Misere die politische Verantwortung übernehmen? Das würde sie gleichzeitig aus den Fängen der Finanzminister befreien, denen sie jahrelang als Milchkuh und Tanzbär in einem gedient haben. Böse Zungen behaupten inzwischen ja sowieso, dass die Bildungspolitik im Finanzministerium gemacht werde – mit dem Rotstift.; wenn nicht gerade der allmachtsgefühlige Landesvater aus seiner um ihn versammelten bildungspolitischen Inkompetenz in ihr Schulressort hineinregiert. Man könnte - nach diesem Ergebnis - das Kultusressort glatt einsparen. Wenn man seit fast vierzig Jahren als Deutschlehrer unterrichtet hat, und zwar gern; wenn man darüber hinaus in Funktionen als Koordinator und Berater (für Leseförderung) - auch bis zur Schmerzgrenze - mit der Bildungsbürokratie zusammengearbeitet hat, dann kann man sich nach sechs Monaten im Ruhestand sicher noch ein Urteil über Lehrer und Unterricht erlauben: Lehrer werden zwar relativ gut besoldet, aber von ihren Dienstherren in der Regel schlecht behandelt. Vergessen sind nicht:
Das alles diente nicht einer Verbesserung der Motivation von Lehrerinnen und Lehrern, sondern eher der "Senkung der Arbeitsmoral". Ich erinnere mich noch, dass es einmal so etwas wie eine „Fürsorgepflicht“ des Dienstherren gab. Heute sorgt er dafür, dass der Verwaltungsaufwand bis in die Klassenzimmer hinein immer größer wird.
Der auf meiner Website eingestellte Text "Leseförderung" ist dem MK in Niedersachsen im Tenor seit Jahren bekannt - aber nicht genehm gewesen. Ein Grund dafür ist nach meiner Erfahrung auch, dass die Verwaltungsbürokratie oft gar nicht mehr weiß, wie es an der Basis in den Klassen zugeht und aussieht. Man sollte sich ernsthaft überlegen, ob nicht Minister und die anderen Bildungsverwalter nach einigen Jahren wieder an die Basis zurückwechseln, damit das Verständnis für die Alltagssituation in den Schulen wieder aufgefrischt wird. Neben den Hinweisen auf meiner Website zum "Lesetraining" noch ein paar Bemerkungen zur Leseförderung und den bisher gemachten Vorschlägen aus den Kultusministerien der einzelnen Länder auf die PISA-Studie: Es mag sein, dass durch eine frühere Einschulung die Lesekompetenz verbessert werden kann; aber das Hauptübel scheint mir zu sein, dass besonders die Sek-I-Lehrer die Schüler nicht dort abholen, wo sie nach der Grundschule stehen; denn die Arbeit der Grundschullehrer ist - was die Vermittlung der Lesefertigkeit angeht - in der Regel gut. Da scheint mir die gegenwärtige Kritik an den Grundschullehrern reichlich ungerecht. Es hat sogar den Anschein, dass - selbst im Gymnasium - die Lesefertigkeit zwischen den Klassen fünf und zehn bei manchen Schülern eher rückläufig ist. Wenn es in der Sek I und auch noch der Sek II um das Lesetraining geht, dann drücken sich die meisten Lehrer vor der Kernerarbeit des Lesetrainings, um sich bei ihren Schülern nicht unbeliebt zu machen. Sie ist aber bis zum Abitur notwendig. Häufig fehlt es dabei wegen der schlechten Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer auf diesem Feld an Ideen, diese Arbeit sinnvoll aus dem Unterricht erwachsen zu lassen, damit das Training weniger schmerzvoll ist. Aber, es ist wie beim Laufen, ohne Muskelkater ist eine Leistungssteigerung nicht zu haben; denn auch :
und das heißt: Üben, üben und noch viel öfter üben. Auch in der Sek II könnte man etwas zur Verbesserung der Lesekompetenz tun: Im Kurssystem der Sek II sollte das Fach Deutsch in zwei Fächer zerlegt werden, und zwar in Deutsch/Literatur und Deutsch/Sprache. Die Kurse in Deutsch/Literatur sollten neben Kunst und Musik dem künstlerischen Aufgabenfeld zugeordnet werden. Es ist vertane Zeit, einige Stunden mit Schülern, die den Lektüre-Text nicht gelesen haben und die über dies Problematiken des 18. Jahrhunderts nur müde lächeln können, über "Emilia Galotti" oder über Ferdinand und Luise zu "philosophieren". Verzichtet man auf diese Lektüre und würde die gewonnene Zeit für die Förderung der Lesekompetenz einsetzen, so ist der von vielen Bildungsanachronisten befürchtete und vielbeschworene "Untergang des Abendlandes" leichter zu verkraften, als Lesekrüppel aus der Schule zu entlassen. Die Kurse in Deutsch/Sprache aber sollten dreistündig und durchgängig verpflichtend sein, damit die Kommunikationsfähigkeiten wie Lesen und Schreiben, sowie die Vermittlung von Methoden des Lernens mehr Raum bekommen und eine Verstetigung erfahren. Und noch eine letzte Bemerkung: Es gab früher die Forderung, dass "Deutsch Unterrichtsprinzip" aller Fächer sei. Diese Forderung sollte man wieder beleben und durch die Gesamtkonferenz zur Verpflichtung in jeder Schule machen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Lehrer dafür auch ausgebildet worden sind. Alles, was nur Schulleiter und andere Funktionsträger beschäftigt und nicht unmittelbar auf den Schüler und seinen Unterricht zielt, um seine Bildung und Ausbildung zu verbessern, mag pressewirksam sein (siehe: "Region des Lernens" oder "N 21"), aber es bringt oft nicht viel mehr als geistige Blähungen hervor, die Zeit und Geld kosten, das dauerhaft nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Bei den Schülerinnen und Schülern und in ihrem Unterricht kommt davon jedoch meist nichts an; aber bei allem, was man sonst so für wichtig und richtig hält (z.B. "Schulreform" oder "Abschaffung der OS"), gilt es den Unterricht zu verbessern. |