Umdruck für Schülerinnen und Schüler Auswahl eines Fachbuches Nachdem Sie sich die Buch- und Zeitschriftentitel für Ihre Arbeit beschafft haben - und bei einer gründlichen Literaturrecherche sind das häufig sehr viele -, stellt sich die Frage, welche Literatur muss ich jetzt lesen und welche kann ich weglassen. Auch wenn man nur wenige Titel gefunden hat, ist zu prüfen, ob sie für meinen Zweck brauchbar sind. Diese Auswahl ist häufig auch aus Zeitgründen notwendig; aber sie ist für einen Einsteiger ins wissenschaftliche Arbeiten nicht so ganz einfach. Die folgenden Kriterien und Tipps zur Auswahl eines Fachbuches stellen keine wissenschaftlich verlässliche Methode dar, sie sind jedoch das Ergebnis langer Erfahrung. Rat! Bleiben Sie während der Arbeit an einem umfangreicheren Thema immer in Kontakt mit denen, die das Thema gestellt haben und die zu dem Thema kompetent etwas sagen könnten sowie mit Leuten - wie Bibliothekaren und „echten“ Buchhändlern, die die Entwicklung in den Wissenschaften beobachten. Fast alle guten wissenschaftlichen Arbeiten sind das Produkt fruchtbarer Zusammenarbeit - auch wenn die Idee zu der Arbeit die Idee eines Einzelnen war. Kriterien für die Auswahl eines Fachbuches können sein: 1. Verfasser Prüfen Sie, ob der Autor kompetent für das Thema ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn er zum Themengebiet schon andere Veröffentlichungen vorgelegt hat. (s. Mehrfachnennungen in den Literaturangaben und Bibliographien; bei noch lebenden Autoren s. auch im Internet: www.vlb.de) Hilfreich ist sicher auch „Kürschners Gelehrten-Kalender“ oder ein anderes großes biographisches Lexikon. (wie ADB; NDB oder DBE) 2. Titel und Untertitel Titel und Untertitel sollen Auskunft geben über den Inhalt eines Buches. Häufig tut das aber nur der Untertitel, weil der Titel oft der Werbung dienen soll. 3. Ort / Verlag Bücher aus den Jahren von 1945 bis 1989, die in Halle, Leipzig oder Berlin erschienen sind und im Verlagsnamen den Zusatz VEB tragen, sind Produkte der ehemaligen DDR mit marxistischer Ausrichtung. (Häufig haben sie aber den Vorteil, dass sie für Schüler leichter lesbar sind als Veröffentlichungen aus dem bürgerlich/kapitalistischen Raum; zudem sind die Inhalte häufig sehr brauchbar, wenn man die typisch marxistischen Begriffe „kapitalistisch“, „imperialistisch“, „sozialistisch“ usw. in den Texten schwärzt.) Auch wenn seit 1967 der „Index librorum prohibitorum“ von der katholischen Kirche außer Kraft gesetzt wurde, ist der Schoß noch fruchtbar und einige Verlage (z.B. „Arena“ oder „Herder“) richten ihre Produkte an katholischen Grundüberzeugungen aus. Wenn Sie sich über die Ausrichtung eines Verlages informieren wollen, so ist ein Gesamtverzeichnis des betreffenden Verlages recht hilfreich. 4. Jahr Wählen Sie möglichst die neueste Veröffentlichung zum Thema, damit Sie nicht über veraltete Bücher zu veralteten Ergebnissen kommen. Bücher aus den Jahren von 1933 bis 1945 sind oft nationalsozialistisch gefärbt (Prüfen Sie die Begrifflichkeit auf „Volk“, „Vaterland“, „Reich“, „Blut und Boden“, „Rasse“, „national“ usw. Lesen Sie auch das Vorwort.) Über Bücher aus der DDR s. unter 3. Bücher aus der Zeit des Positivismus (ca. 1850 bis 1914/18) zeichnen sich oft durch reiches Faktenwissen und Materialreichtum aus. 5. Inhaltsverzeichnis Anhand des Inhaltsverzeichnisses lässt sich erkennen, wie umfangreich die Inhalte dargestellt werden, die für ein Thema benötigt werden; denn auch Titel und Untertitel können täuschen. Inhaltsverzeichnisse sagen auch etwas über die Gewichtung von Teilen des Themas aus, so dass sie hilfreich für die eigene Gliederung sein können. 6. Register Ein gutes Fachbuch hat ein Register, in dem auf die Seiten verwiesen wird, auf denen etwas zu den Schlagworten zu finden ist. Dabei bringt die einfache Nennung einer Seite in der Regel auch nur eine einfache Nennung des Schlagwortes im Text. Erst eine Seitenangabe wie 27ff verspricht eine ausführlichere Auskunft zum Schlagwort. Wie umfangreich die Information zum Schlagwort ist, können Sie am besten feststellen, wenn Sie die entsprechende Seite im Inhaltsverzeichnis aufsuchen. 7. Literaturverzeichnis Prüfen Sie stichprobenartig, ob die genannte Literatur im Literaturverzeichnis ein Versuch sind, alle Literatur zum Thema aufzulisten, was eine Fleißarbeit ist, aber wenig über die Qualität des Buches sagt oder ob es sich um die Auflistung der tatsächlich verwendeten Literatur handelt. Manchmal gibt die Überschrift oder Einleitung zum Literaturverzeichnis darüber Auskunft. 8. Beilagen Eine gute wissenschaftliche Arbeit wird mit aussagekräftigen Bildern, Skizzen oder Statistiken ausgestattet, die der Veranschaulichung zum Thema dienen; bloße - wenn auch hübsche - Illustrationen sind häufig für wissenschaftliche Zwecke wertlos. 9. Vorwort Im Vorwort nennt der Autor die Ziele und die Veranlassung zu seinem Buch. Dort gibt es Hinweise auf vorige Auflagen, und es wird Dank abgestattet an Ratgeber und Helfer; oft gibt es an dieser Stelle Hinweise auf andere Wissenschaftler, die man schon kennt oder die besser bekannt sind. Manchmal stellt der Autor seinem Buch auch noch eine Einleitung voran, in der er Auskunft gibt über seine wissenschaftliche Methode und die allgemeine Lage der Literatur zu seinem Thema. 10. Lesbarkeit / Stil Wichtigste Prüfsteine eines wissenschaftlichen Buches sind seine Verständlichkeit, seine Sachlichkeit und seine Argumentation: es soll überzeugen nicht überreden. Sprachliche Bilder und Umgangssprache oder Wissenschaftsjargon mindern in aller Regel die Qualität des Textes. Tipp! Wenn Sie ca. 10 Prozent des Buches zweimal gelesen haben und wenn Sie dann immer noch nichts verstehen, dann sollten sie die Lektüre abbrechen - und u.U. den Lehrer um Hilfe bitten. 11. Mehrfachnennung Die Nennung eines Titels in mehreren Literaturangaben ist immer ein Beweis dafür, dass dies Buch zum Thema beachtenswert ist. Häufig ist das am meisten genannte Werk ein Standardwerk zum Thema. 12. Bibliographien und Literaturberichte s. Umdruck „Informations- und Literaturbeschaffung“ Punkt 7 PS.: Dies ist sicher der problematischste Umdruck aller meiner Unterrichtshilfen für das wissenschaftliche Arbeiten, wenn er vielleicht auch der wirkungsvollste ist; aber er ist im Gegensatz zu den anderen nicht das Ergebnis von ca. 3 Jahrzehnten Reflexion, sondern das Produkt weniger Jahre an Beobachtung - und er ermöglicht bei unkritischer Benutzung leider immer noch die Bildung von Vorurteilen. |